Kontrolle: Erlernte Hilflosigkeit
Aktualisiert am 13.07.2016Auch Hunde, die über positive Verstärkung erzogen werden, können Zeichen von Erlernter Hilflosigkeit zeigen.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser?

Vielleicht ist es uns gar nicht so bewusst, aber unsere Erziehungsmaßnahmen sind darauf ausgerichtet, den Hund in möglichst jeder Situation zu kontrollieren: er soll andere Hunde und Menschen nicht anbellen, er soll nicht jagen, er soll sich nicht im Dreck wälzen, er soll nicht hochspringen, er soll nichts zernagen, er soll nicht…
Nicht nur, dass wir alle Ressourcen verwalten, auch jeder Spaziergang wird genau durchgeplant, unerwünschtes Verhalten wird sofort abgestellt, indem ein Alternativverhalten abverlangt wird – unsere Kontrolle umfasst alle Lebensbereiche des Hundes.
Wenn wir aber immer mehr die Kontrolle übernehmen, dann bedeutet das im Umkehrschluss, dass der Hund immer weniger Kontrolle über sein Leben hat.
Und ein Hund, der seine Umwelt nicht kontrollieren kann, fällt vielleicht in die erlernte Hilflosigkeit.
Nur ein braver Hund ist ein guter Hund?
Es gehört zum Leben dazu, dass ein Hund eben nicht immer aufs Wort folgt oder sich vom Schnüffeln abhalten lässt. Das ist auch nicht weiter schlimm. Das richtige Maß ist wichtig. Neben den ganzen Übungen, mit denen wir den Gehorsam trainieren, müssen wir den Hunden auch die Möglichkeit geben, sich auszuprobieren, die Welt zu erobern. Den Hunden etwas zutrauen.

Balance
Es kommt also, auch und gerade wenn der Hund über Positive Verstärkung erzogen wird, ganz stark auf die Balance zwischen „Die Welt erkunden und beherrschen“ und „den Hund beherrschen“ an. Denn mit jeder neuen Übung kontrollieren wir das Verhalten des Hundes ein Stück mehr.
Unser Ziel sollte es also sein, ein Gleichgewicht zwischen Training und „einfach Sein“ herzustellen.
Kontrollfreaks
Wir sind Kontrollfreaks. Lasst und doch hier eine Liste zusammentragen: welche Situationen oder Verhalten unserer Hunde kontrollieren wir, was dürfen sie tatsächlich selber entscheiden oder herausfinden?
Den selbstbestimmenden Spaziergang finde ich ab und zu toll… da darf der Hund bestimmten wo es lang geht… allerdings braucht man da evtl. mehr Zeit 😉
. Manche Hunde sind am Anfang verwirrt… Wenn ich weniger Zeit habe bzw. zu einer gewissen Uhrzeit zurück sein muss, lasse ich zumindest vom Hund bestimmen, ob wir Rechts oder Links vom Haus weg laufen und überlege mir dann welche Runde wir nehmen…
Ich liebe ja das „freie“ Formen so….!
Das kommt jetzt zwar auch aus einer Trainingssituationen, aber da kann man sehr schön erkennen, wie „frei“ ein Hund ist!
Bsp. …ich stelle einfach eine Kiste hin und gebe den Hund frei…er darf nun alles mit dieser Kiste ausprobieren, was er will….ich habe keine Zielvorgabe…der Hund kann all die Dinge tun, worauf er Lust hat! Ich freue mich einfach bei jeder Aktion mit ihm…basta!
Ich führe das hier mal an, weil ich Hunde im Training habe, die in solch einer Situation schier verrückt werden, weil Frauchen nicht sagt, was sie tun sollen!!! Weil IMMER gesagt wurde, was in welcher Situation zu tun ist!
Das macht mich immer sehr traurig…die Besitzer erkennen nicht einmal, das der Hund in einer erlernten Hilflosigkeit steckt….denn „sie haben doch immer alles positiv aufgebaut!“
Deshalb finde ich diesen Gedankenanstoss von Markertraining echt toll!! Mal drüberschaun, was man so den ganzen Tag macht!;)))
ich lasse ganz ganz ganz ganz ganz ganz ganz viele sachen durchegehen, da würden andere die hände über den kopf zusammenschlagen. ich kontrolliere nur dann, wenn es unbedingt sein muss (auch wenn ein hund selbst schwer entscheiden kann)……. dazu haben mich die nordischen erzogen. funktioniert wunderbar, allerdings habe ich durchaus „verzogene köter“ 😉
beim free shaping gebe ich den hund nicht frei, der muss da nicht warten. wozu auch? ist ein widerspruch.
Wenn unsere Dackel – insb. Götz – mal keine Lust mehr haben, zu dem was wir gern mit ihnen machen möchten, und statt dessen lieber buddeln gehen, oder Freunde am Zaun begrüssen … dann machen sie sich einfach von selbst davon … und werden von mir auch nicht zurückgerufen. Ist m.E. so, daß manchmal die Prioritäten von Mensch und Hund divergieren… 😉
Ich mach dann lieber später weiter, wenn sie wieder echt „Bock“ haben. Dann ist die Motivation auch höher.
Gelernt habe ich das von meinem Traumhund Timmi … der meist eh das machte was er wollte, aber es immer schaffte, das so anzustellen, daß ich auch zufrieden war – oder manchmal einfach laut loslachen mußte (ist ja auch ne Form von Zufriedenheit btw). 😉
Den Hund mal machen lassen und nicht gleich ein Drama zu sehen oder den Verlust der Kontrolle zu befürchten, lernt Mensch am Besten von den „kleinen und großen Dickköpfen“ <3, das sind die besten Lehrmeister! 🙂 <3
Na ja Tanja, wenn ich eine Kiste hinräume und der Hund ist dabei, fragt er schon erst mal, was wohl damit los ist, deshalb gebe ich ihm halt“ Freizeit“ mit auf dem Weg, dann startet er „sein“ Ding!
Berit Jack, aber genau da kontrollierst(beschneidest du schon wieder und wenn du nicht einen frusthibbel hast, ist das unnötig. mal davon abgesehen, dass sich ein hund, der schon free shaping erprobt ist, eben genau das können sollte – sich dafür zu interessieren, ohne gleich frust zu schieben.
Tanja, jetzt reden wir aneinander vorbei…;))) aber ich weiß, was du meinst!
Wir haben halt alle hier gut trainierte Hunde…da ist das normal!
Wenn du einen Gegenstand hinräumst, womit dein Hund sich beschäftigen soll, verständigt ihr euch garantiert in irgend einer Form darüber! Ist doch auch normal…verstehst du jetzt, was ich mit “ Freizeit“ geben meine??.
Da ist nichts mit Frust, sondern mit Info…
Deswegen finde ich es auch wichtig, dass man nicht nur „Gassi geht“ sondern wirklich mit dem Hund spazieren geht und da kann der Hund entscheiden (in gewissen Grenzen) was er tun will. Unsere Maya ist auch ganz gut darin, anzuzeigen wenn sie was bestimmtes will, z.B. raus in den Garten, Spielen, gestreichelt werden, Leckerlies oder auch einfach nur zeigt, wo sie hingehen will. Manchmal bekommt sie was sie will, manchmal nicht.
Auch beim Training sollte man den Hund nicht zwingen… auch wir Menschen haben doch Tage wo man einfach nicht will und das muss man dem Hund auch zugestehen. Da mein Hund nicht mehr viel spielt, bin ich dann auch immer froh, wenn sie z.B. anzeigt, jetzt will ich nicht mehr trainieren, lass uns doch spielen. Klar mache ich das dann auch.
Es geht aber auch umgekehrt. Wir gehen raus in den Garten und sie springt auf einen großen flachen Stein und dreht sich einmal um sich selbst und wartet auf Leckerlies… ein Klickerhund eben. 😉
Aber es ist auch manchmal wirklich schwierig sich zu beherrschen und den Hund NICHT zurückzurufen, wenn er dann doch mal ein paar Meter weiter weg als üblich in den Wald läuft. Oder grad dann im Matsch zu buddeln beginnt wenn er erst am Vorabend geduscht worden ist. 😉
Es ist aber auch so dass Maya, seit sie „braver“ geworden ist, automatisch auch mehr Freiheiten hat… und das hat offensichtlich auch selbst schon bemerkt. 😉
Ich musste das mal teilen, weil ich auf genau so einen Artikel gewartet habe. Super…
Unsere Artikel dürfen sehr gerne geteilt werden, wenn klar erkenntlich ist, dass sie von HUNDE DENKEN – Markertraining sind.
Aber klar…
Berit Jack – naja, Freigabe klingt für mich etwas anders, aber wenn du meinst….
Ein sehr interessantes und komplexes Thema. ..ich versuche meinem Hund Freiräume zu geben. Da fahren wir zb irgendwohin, wo kaum was los ist und er darf machen was er möchte und ja dann wälzt er sich auch mal. Aber ein Hund muss auch mal Hund sein dürfen. Ich fahre mit ihm auch manchmal in ein abgezäuntes Waldstück für Hunde damit er „lernt“ auch mal etwas ohne mich zu machen aber es fällt ihm schwer. Er geht keine 5 Meter weit weg obwohl er könnte. Auf manchen Spaziergängen spreche ich ihn auch bewusst eine zeitlang nicht an und er kann einfach bloß schnuppern. Ich finde nichts nerviger als Hundehalter, die alle zwei Meter den Namen Ihres Hundes rufen….